Neben dem Getreide auf dem Feld, war der Garten eine wichtige Nahrungsquelle im Mittelalter. Aber was genau haben die Menschen damals für Obst und Gemüse angebaut und gegessen?
Im Mittelalter wurde viel Obst und Gemüse gegessen, dass wir auch heute noch kennen: Möhren, Schalotten, Äpfel, Pflaumen usw. Weiterhin wurden in den Gärten auch Heilpflanzen und andere Nutzpflanzen angebaut.
In diesem Artikel geht es darum, was im Mittelalter alles genau in den Gärten angebaut wurde.
Was wurde im Mittelalter in den Gärten angebaut?
Wir können heute dank wissenschaftlicher Anaylsen sowie alten Aufzeichnungen sagen, was die Menschen im Mittelalter größtenteils in ihren Gärten angebaut haben.
Ein altes Dokument, dass viel Aufschluss darüber gibt, was damals standardmäßig in den Gärten gepflanzt wurde, ist die Landgüterverordnung Karl des Großen („Capitulare de villis et curtis imperialibus“).
Auch Könige und Kaiser lebten als oberste Grundherren von den Erträgen ihrer Felder und Güter, die sie und ihr zahlreiches Gefolge ernähren mußten. Deshalb entstand die Landgüterverordnung, die die genaue Verwaltung der Krongüter festlegte.
Aufgrund der unterschiedlichen Klimaverhältnisse wuchsen nicht alle Pflanzen an jedem Standort, z.B. Feige und Lorbeerbaum, die sich im kälteren Norden nicht anbauen ließen. Grob lassen sich die Pflanzen in drei Kategorien einteilen, die sich manchmal überschneiden:
- Nahrungspflanzen (als Lebensmittel)
- Heilpflanzen (als Medizin)
- Nutzpflanzen (Färbepflanzen, Herstellung von Stoffen und Seilen)
In Kapitel 70 dieser Landgüterverordnung werden 73 Nutzpflanzen und 16 Obstbaumarten aufgezählt, die in den kaiserlichen Gärten angebaut werden sollten.
Auch wenn uns noch viele der o.g. Pflanzen bekannt sind, darf man nicht vergessen, daß es sich bei den heutigen in der Regel um hochgezüchtete Exemplare handelt, die sich in Größe, Form und Geschmack deutlich von den mittelalterlichen Sorten unterscheiden!
Gemüse, Heilkräuter und Nutzpflanzen im Mittelalter
Folgende Nutzpflanzen wurden in der Landgüterverordung genannt:
- Weiße Lilie (lilium)
- Rosen (rosas)
- Bockshornklee (fenigrecum)
- Frauenminze (costum)
- Salbei (salviam)
- Raute (rutam)
- Eberraute (abrotanum)
- Gurken (cucumeres)
- Melonen (pepones)
- Flaschenkürbisse (cucurbitas)
- Saubohnen (fasiolum)
- Kreuzkümmel (ciminum)
- Rosmarin (rosmarinum)
- Kümmel (careium)
- Kichererbse (cicerum italicum)
- Meerzwiebel (squillam)
- Schwertlilie (gladiolum)
- Drachenwurz (dragantea)
- Anis (anesum)
- Koloquinten (coloquentidas)
- Cichorie (solsequium)
- Knorpelmöhre (ameum)
- Laserkraut (silum)
- Salat (iactucas)
- Schwarzkümmel (git)
- Rauke (eruca alba)
- Brunnenkresse (nasturtium)
- Pestwurz, Klette (parduna)
- Poleiminze (peludium)
- Schwarzes Gemüse (olisatum)
- Petersilie (petresilinum)
- Sellerie (apium)
- Liebstöckel (ieuisticum)
- Sadebaum (savinam)
- Dill (anetum)
- Fenchel (fenicolum)
- Endivien (intubas)
- Diptam (diptamnum)
- Senf (sinape)
- Bohnenkraut (satureiam)
- Krauseminze (sisimbrium)
- Wasserminze (mentam)
- Waldminze (mentastrum)
- Rainfarn (tanazitam)
- Katzenminze (neptam)
- Mutterkraut (febrefugiam)
- Mohn (papaver)
- Mangold (betas)
- Haselwurz (vulgigina)
- Eibisch (mismalvas)
- Malve (malvas)
- Möhren (carvitas)
- Pastinak (pastinacas)
- Gartenmelde (adripias)
- Amarant (blidas)
- Kohlrabi (ravacaulos)
- Kohl (caulos)
- Bärlauch (uniones)
- Schnittlauch (britlas)
- Porree, Lauch (porros)
- Rettich (radices)
- Schalotten (ascalonicas)
- Zwiebeln (cepas)
- Knoblauch (allia)
- Krapp (warentiam)
- Weberkarden (cardones)
- Große Bohnen (fabas majores)
- Felderbse (pisos Mauriscos)
- Koriander (coriandrum)
- Kerbel (cerfolium)
- Springkraut (iacteridas)
- Muskattellersalbei (scareiam)
- Hauswurz (jovis barbam)
Obst im Mittelalter
Zudem wurde der Anbau folgender Obstbäume angeordnet:
- Apfel
- Birne
- Pflaume
- Speierling
- Mispel
- Edelkastanie
- Pfirsich
- Quitte
- Haselnuß
- Mandel
- Maulbeer
- Lorbeer
- Pinie
- Feige
- Nuß
- Kirsche
Welche Rolle spielte der Garten im Mittelalter?
Der Garten diente im Mittelalter in erster Linie zum Anbau von Nutzpflanzen sowie zum Halten von Nutztieren. Erst im späteren Mittelalter begann man, Blumen einzig wegen ihrer Schönheit im Garten zu halten.
Das Wort „Garten“ stammt übrigens nach Ansicht von Sprachwissenschaftlern von dem indogermanischen Wort „gher“ ab, das in die Zeit ca. 3000 – 1000 Jahre v. Chr. zurückgeht und „fassen“ bedeutet.
Daraus entwickelte sich „ghortos“, das mit „das Eingefaßte, das Umfaßte“ zu übersetzen ist. Der Zaun unterschied also den Garten vom Feld.
In der Regel wurde der Zaun aus Weidenzweigen hergestellt, die zwischen den Zaunpfählen eingeflochten wurden.
Die Rolle der Klöster für das Wissen über Pflanzen und Gärtnern
Gerade den Klöstern verdanken wir einen großen Teil unseres heutigen Wissens über Pflanzenanbau, Veredelung und Vermehrung, da die Erkenntnisse von den schriftkundigen Mönchen in Aufzeichnungen festgehalten wurden.
So seien hier nur genannt:
- Walahfried Strabo (9. Jhd.), Abt des Benediktinerklosters Reichenau, dessen Gedicht Liber de cultura hortorum, in alten Schriften kurz Hortulus genannt, man als Lehrgedicht über den Gartenbau bezeichnen könnte.
- Albertus Magnus (13. Jhd.), Abt von Cirencester in England, dessen Prosa De Naturis Rerum drei Jahrhunderte lang als Pflanzenenzyklopädie galt.
- Auch Hildegard von Bingen (12.Jhd.), Äbtissin des Klosters auf dem Ruprechtsberg, verdanken wir viel Wissen gerade über die Heilkraft vieler Pflanzen. Ihr Wissen hielt sie in einem achtbändigen Werk fest.
Quellen
- Purrucker, Barbara, Hochmittelalterliche Bauernkleidung, Sonderausgabe aus „Waffen- und Kostümkunde“ Zeitschrift der Gesellschaft für historische Waffen- und Kostümkunde, 1998
- N. Ellermann, G. Eggenstein, Der Sachsenhof in Greven, Schriftenreihe des Heimatvereins Greven 1982 e.V., Band 6 2. Auflage 201
- Maggie Black, Küchengeheimnisse des Mittelalters, Sonderausg., Flechsig-Buchvertrieb, 1998
- Bruno Laurioox, Tafelfreuden im Mittelalter, Lizensausg. Weltbild-Verlag, 1999
- Christiane Widmayr, Malve, Mangold und Melisse, BLV-Verlag
- Gurjewitsch, Aaron J., Stumme Zeugen des Mittelalters – Weltbild und Kultur der einfachen Menschen, Böhler Verlag Köln, 1997
- Penelope Hobhouse, Illustrierte Geschichte der Gartenpflanzen, Scherz-Verlag, Bern, München, Wien, 1999
- Helen Farmer-Knowles, Der heilsame Garten, Weltbild-Verlag, 1998
- Landesdenkmalamt Baden-Württemberg (Hrs), Stadtluft, Hirsebrei und Bettelmönch, Theis-Verlag 1992